Bewegungen erzählen Geschichten
Ein Gespräch mit Francesc AbósIm Interview spricht Francesc Abós, der Leiter des Tanzensembles der Bühne Baden, über seine Leidenschaft für Bewegung, die Rolle des Tanzes im Musiktheater und darüber, warum er von strikten Trennungen zwischen einzelnen Genres wenig hält.
Wusstest du immer schon, dass Tanz auch dein Beruf werden soll?
Für mich gab es nie einen Plan B. Ich habe schon als Kind in Spanien mit Volkstanz angefangen, und als ich zum ersten Mal einen Ballettkurs besuchte, sagte ich meinen Eltern nach dem Unterricht, dass ich nun wüsste, was ich werden will Ich will Tänzer werden. Ich war 13 Jahre alt, und seit diesem Tag habe ich nie mehr daran gedacht, einen anderen Beruf zu ergreifen. Ich glaube, sie haben mir zunächst nicht geglaubt, aber als sie sahen, mit welcher Entschlossenheit ich daran arbeitete, hatten sie keine andere Wahl, als mir zu glauben und mich in meiner Entscheidung zu unterstützen. Vermutlich konnte ich mir damals noch nicht vorstellen, wie hart dieser Beruf sowohl körperlich als auch mental sein kann, aber wenn man seine Berufung im Leben gefunden hat und das Glück hat, etwas zu tun, das man liebt, verschwinden alle Hindernisse und man kann seiner Kreativität freien Lauf lassen.
Gibt es Tanzstile oder Traditionen, von denen du sagen kannst, dass sie deine Arbeit am meisten beeinflusst haben?
Ich hatte das Glück, während meiner Bühnenkarriere mit unglaublichen Choreograf*innen und Regisseur*innen zusammenzuarbeiten, die mich inspiriert und mir geholfen haben, mein eigenes Potenzial zu entdecken. Einige von ihnen, wie Kim Duddy oder Dennis Callahan, haben mich auch dazu ermutigt, Choreograf zu werden. All diese Erfahrungen beeinflussen natürlich die Art und Weise, wie man sich bewegt oder kreativ ist. Der größte Einfluss auf mich war jedoch Ann Reinking, die Muse des großen Bob Fosse. Ich arbeite seit vielen Jahren mit der Fosse-Technik und habe gelernt, wie wichtig die Qualität der Bewegung ist und dass man mit Bewegung eine Geschichte erzählen kann, dass alle Bewegungen innerhalb einer Choreografie einen Grund oder eine Emotion brauchen.
Wie siehst du die Rolle des Tanzes im Musiktheater? Welche Aspekte sind dir besonders wichtig?
Ich glaube, dass wir ebenso wie durch Sprache oder Gesang auch mit unserem Körper kommunizieren, und die Verknüpfung dieser drei Disziplinen gefällt mir mag ich? an meinen Kreationen am besten. Alles, was wir auf der Bühne tun, ist Bewegung – vom Gehen über eine Pause bis hin zum Stillstehen, die einfache Bewegung einer Hand oder eines Kopfes. All das ist genauso wichtig wie die technische Virtuosität einer Choreografie. Für mich ist es wichtig, dass es nicht nur um Choreografie oder eine Abfolge von Schritten geht, sondern dass es eine Verschmelzung mit der Regie gibt, um eine einzigartige und einheitliche Sprache zu schaffen. Ich kreiere Choreografien immer aus der Emotion heraus, die ich dem Zuschauer vermitteln möchte, und daraus entstehen dann die choreografischen Bewegungen. Das ist die Magie, die nur im Musiktheater entstehen kann.
Musical oder Operette – was macht aus deiner Sicht als Choreograf und Leiter des Tanzensembles den Reiz des einen und des anderen Genres aus?
Ich persönlich mag beide Genres und behandle sie gleich. Ich glaube, dass das Musicalgenre ohne den Einfluss von Genres wie der Operette nicht entstanden wäre. Ich glaube, dass es heute sehr gut ausgebildete Künstler*innen gibt und dass man die Bewegung innerhalb eines Werks viel stärker verschmelzen kann, ohne dass es eine so große Trennung zwischen Chor, Ballett und Solist*innen gibt. Ich mag diese Verschmelzung und die Aktualisierung der ursprünglichen Visionen mit dem Blick von heute, wenn wir uns ein Drehbuch aus der Vergangenheit ansehen. Das ist das Schöne an der Kreativität.
Worüber freust du dich am meisten in deiner neuen Aufgabe, hier fix am Haus zu sein?
Am meisten freue ich mich darüber, mit einem Team von sehr talentierten Menschen zusammenarbeiten zu können, mit denen ich gemeinsam kreativ sein, experimentieren und wachsen kann, ohne dass wir uns gegenseitig beurteilen, sondern uns gegenseitig unterstützen, um das Beste aus den anderen und aus uns selbst herauszuholen und gemeinsam das beste Ergebnis zu erzielen. Teil eines kreativen Teams zu sein, sowohl auf als auch hinter der Bühne, sowohl künstlerisch als auch technisch. Außerdem ist das Programm, das Andreas Gergen nach Baden bringt, ein Traum, sodass ich mich wirklich glücklich schätze, hier zu sein.
Gibt es ein Stück, das du besonders gern an der Bühne Baden bzw. generell einmal bearbeiten würdest, eine Art noch unerfüllte Wunschliste?
Das ist eine schwierige Frage, denn ich liebe Vielseitigkeit, von Komödien bis hin zu Dramen, und ich liebe selbst geschriebene Musicals. PIPPIN war schon immer eines meiner Lieblingsstücke, auch wenn es hier vielleicht nicht so bekannt ist, aber ich war schon immer begeistert von der Geschichte, der Musik und den choreografischen Möglichkeiten, die es bietet. SOME LIKE IT HOT und THE WILD PARTY begeistern mich. Und da ich es liebe, mit Kindern zu arbeiten, würde ich gerne eines Tages OLIVER oder ANNIE inszenieren.